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Start in ein neues Jahrzehnt beim Neujahrsempfang des Oberlandesgerichts Celle


CELLE. Die Präsidentin des Oberlandesgerichts Stefanie Otte begrüßte beim Neujahrsempfang im Oberlandesgericht Celle am 10. Januar 2020 eine große Zahl von Beschäftigten des Oberlandesgerichts und der Generalstaatsanwaltschaft Celle sowie viele Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte.

Otte nahm den Einstieg in das kommende Jahrzehnt zum Anlass für einen Blick zurück in die 20er Jahre des letzten Jahrhunderts. Sie zog Parallelen zur Bedeutung und der Gefahr für Demokratie und Rechtsstaat damals wie heute. „Wir müssen die Unabhängigkeit der Rechtsprechung sowie die Akzeptanz von Gerichtsentscheidungen gerade auch seitens der Richterschaft selbstbewusst und laut einfordern, mit einer klaren Haltung zu den geschichtlichen Ereignissen des letzten Jahrhunderts, als deren Wegbereiter die 20er Jahre häufig gesehen werden“, mahnte die Präsidentin.

Was prägte die Justiz vor einhundert Jahren? Erstmals im Jahr 1920 wurde eine Altersgrenze für den Ruhestand eingeführt, die Rechtsprechung und natürlich die Besoldung waren geprägt von der Problematik der Geldentwertung. Schließlich wurden Anfang der 20er Jahre die Voraussetzungen für die Zulassung von Frauen für das Richteramt geschaffen. Und doch dauerte es lange, bis dafür Akzeptanz gewachsen war: Erst 1969 wurde die erste Richterin am Oberlandesgericht Celle ernannt.

Mit Blick auf die Gegenwart schilderte die Präsidentin die aktuell großen Herausforderungen der Rechtsprechung des Oberlandesgerichts:

Der „Abgasskandal“ hat zu einer Welle von rund 2.400 Berufungsverfahren in dem für Autokäufe spezialisierten 7. Zivilsenat des Oberlandesgerichts geführt; etwa die Hälfte der Verfahren ist bereits erledigt.

Große öffentliche Aufmerksamkeit erfahren weiterhin die Staatsschutzsenate, insbesondere ein mit hohem Sicherheitsaufwand geführtes Großverfahren mit inzwischen rund 170 Verhandlungstagen. Die Präsidentin gab sich vor dem Hintergrund des unverändert hohen Aufwands für Justiz und Polizei zuversichtlich, dass die Pläne für ein neues Staatsschutzgebäude doch noch in die Tat umgesetzt werden können.

Als weiteren Schwerpunkt auch im kommenden Jahr benannte Otte das Werben um Nachwuchs für alle Berufe der Justiz. Erfreut stellte die Präsidentin heraus, dass im vergangenen Jahr trotz der seit vielen Jahren höchsten Einstellungszahl die Durchschnittsnote in den Examina bei den neu eingestellten Richterinnen und Richtern sogar noch gestiegen ist. Dies wertete sie als Beleg für die Attraktivität des Richterberufs.

Nicht ohne Stolz kündigte die Präsidentin für das kommende Jahr eine Neuerung an: In Niedersachsen als bislang einzigem Bundesland werden erstmals im Jahr 2020 besonders qualifizierte Referendarinnen und Referendare die Gelegenheit erhalten, als „Richterassistentin/ Richterassistent“ schon vor Abschluss der juristischen Ausbildung eine Nebentätigkeit in der Justiz auszuüben.

Mit ihrem Ausblick auf das kommende Jahr schlug Otte den Bogen zurück in die 20er Jahre: Nach einhundert Jahren muss die historische Zentralheizung des Oberlandesgerichts ausgetauscht werden.

Im Anschluss gab Präsidentin Otte die weiteren Personalveränderungen im Richterdienst des Oberlandesgerichts seit dem letzten Neujahrsempfang des Oberlandesgerichts 2019 bekannt. Zwei Richterinnen und zwei Richter wurden zur Richterin bzw. zum Richter am Oberlandesgericht ernannt, zwei Richter wurden zu Vorsitzenden Richtern am Oberlandesgericht befördert.

Antje Pommerien, die wiedergewählte Vorsitzende des Richterrats, hob in ihrem Grußwort die Bedeutung der Richtervertretungen hervor. Sie dankte im Namen der gesamten Richterschaft den ausgeschiedenen Mitgliedern für ihr langjähriges Engagement und freute sich auf die Zusammenarbeit mit den neu gewählten Kollegen. Pommerien schilderte noch einmal die nachwirkenden Eindrücke des vergangenen Jahres: Den unverändert hohen Sicherheitsaufwand in Staatsschutzverfahren und seine Auswirkungen auf den Alltag des Gerichts wie auch die hohe Belastung durch die Flut der Verfahren im Abgasskandal, nicht nur für die Richterinnen und Richter des dafür spezialisierten Senats, sondern auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Serviceeinheiten. Mit Blick auf Erfahrungen in anderen Bundesländern wies sie schließlich bei allen Vorzügen der digitalen Aktenbearbeitung auf neue Sicherheitsgefahren etwa durch Hackerangriffe hin.

Der Celler Generalstaatsanwalt Dr. Lüttig schilderte in seinem Grußwort die weiterhin großen Herausforderungen für die Strafverfolgungsbehörden durch die komplexen Regelungen zur Vermögensabschöpfung und die Ermittlungen in Staatsschutzverfahren. Neue Stellen im Jahr 2020 werden mit neuen wichtigen Aufgaben verknüpft sein: Der Bekämpfung der Clan- und der Hasskriminalität.
Dr. Lüttig mahnte schließlich, dass bei aller Bedeutung des Datenschutzes das wichtige rechtsstaatliche Ziel einer effektiven Strafverfolgung nicht durch zu hohe Anforderungen an den Datenschutz konterkariert werden dürfe. Im Anschluss gab er die personellen Veränderungen bei der Generalstaatsanwaltschaft Celle bekannt.

Rechtsanwalt und Notar Michael Bartels, Vorsitzender des Advokatenvereins – Vereinigung Celler Rechtsanwälte e.V. – überbrachte die Grüße der Anwaltschaft. Mit Blick auf die hohen Belastungen durch Klagewellen und Umfangsverfahren betonte er mit Augenzwinkern die Wichtigkeit körperlichen Ausgleichs und lud die Richterschaft zur Teilnahme an der Regatta „Rudern gegen den Krebs“ ein.


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  Bildrechte: OLG Celle P. Zagermann

v.l. Richter am Oberlandesgericht Dr. Steffen Wolters, Vors. Richter am Oberlandesgericht Dirk Voß, Präsidentin Stefanie Otte, Richter am Oberlandesgericht Oliver Krackhardt, Richterin am Oberlandesgericht Gisa Flesch

Artikel-Informationen

erstellt am:
10.01.2020

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