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Langjährige Haftstrafen wegen Propaganda für den IS

- Urteil im Staatsschutzverfahren wegen Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung „Islamischer Staat“ (IS) gegen Aleem N. und Mahmoud A. S. -


CELLE. Nach 18 Verhandlungstagen hat der 4. Strafsenat des Oberlandesgerichts Celle den heute 61jährigen Angeklagten Aleem N. wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland und wegen Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Der heute 27jährige Angeklagte Mahmoud A.S. wurde wegen mitgliedschaftlicher Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren verurteilt (Az.: 4 St 1/23).


Nach den Feststellungen des Senats hatte sich der bereits seit 1987 in Deutschland lebende Aleem N. bereits frühzeitig radikalisiert und verschiedene islamistische Terrororganisationen wie u.a. AlQaida unterstützt. Deswegen war er bereits mit Urteil des Oberlandesgerichts Koblenz vom 13. Juli 2009 zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Nach Verbüßung dieser Strafe wandte er sich der Ideologie des sog. Islamischen Staates zu. Er versuchte in den Jahren 2020 und 2021 mehrfach erfolglos, sich diesem in Syrien sowie in Pakistan anzuschließen und dort an Kampfhandlungen teilzunehmen. In der Folgezeit hielt er sich zunächst in der Schweiz und anschließend wieder in Deutschland auf und übersetzte – gemeinsam mit weiteren Personen – Propaganda für den IS. Diese Übersetzungen stellten er und seine Mitstreiter zunächst in verschiedene von ihnen administrierte Telegram-Kanäle ein. Der Angeklagte Mahmoud A. S., der bereits fest in die vom IS kontrollierte Medienarbeit eingebunden war, fügte Aleem N. im März 2022 einer an den Medienrat des IS angebundenen Austauschgruppe zu. Mahmoud A. S. selbst gehörte zu den anerkannten Mitgliedern dieser Gruppe und nahm dort eine herausgehobene Stellung ein. In der Folgezeit wurden 143 durch Aleem N. angefertigte Übersetzungen auf der Webseite einer offiziellen Medienstelle des IS eingestellt. Für den IS war diese Plattform gerade nach der militärischen Niederlage in Syrien von herausgehobener Bedeutung, um seine fortbestehende Existenz, Bedeutung und Schlagkraft zu dokumentieren und neue Sympathisanten und Mitglieder oder Unterstützer zu gewinnen. Mahmoud A.S. wirkte zudem selbst an der Erstellung von Kollagen, Übersetzungen und Grafiken mit. Er betrieb zudem mindestens zeitweilig einen Telegramkanal mit dem Zweck der Spendensammlung für den IS, gab anderen Tipps, wie Gelder zum IS transferiert werden konnten und wie auf die Verwendung des Geldes Einfluss genommen werden konnte.

Der 4. Strafsenat hatte Mahmoud A. S. bereits am 3. Dezember 2018 wegen Werbens um Mitglieder oder Unterstützer für eine terroristische Vereinigung im Ausland zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung eines Restes dieser Strafe wurde zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagten haben das objektive Tatgeschehen teilweise eingeräumt. Im Übrigen hat der Senat die getroffenen Feststellungen weitgehend auf Chatverläufe sowie auf Erkenntnisse gestützt, die bei der Überwachung von Wohnungen in der Schweiz gewonnen wurden.

Der Senat hat die einschlägigen Vorverurteilungen beider Angeklagter strafschärfend berücksichtigt. Darüber hinaus hat er deutlich gemacht, dass er den IS nach wie vor als eine besonders gefährliche, weltweit agierende Terrororganisation einstuft.


Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Generalbundesanwaltschaft hatte Gesamtfreiheitsstrafen von sieben Jahren bzw. von 5 Jahren und 6 Monaten beantragt. Die Verteidiger der Angeklagten hatten Freispruch beziehungsweise deutlich geringere Strafen beantragt. Der Angeklagte Aleem N. hat bereits unmittelbar im Anschluss an die Urteilsverkündung Revision eingelegt.

Der Senat hat wegen weiterhin bestehender Fluchtgefahr die Fortdauer der Untersuchungshaft für beide Angeklagten angeordnet.



Ansprechpartner:

Andreas Keppler

Richter am Oberlandesgericht

Pressesprecher

Telefon: 05141 / 206 777

01525 6798160

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Artikel-Informationen

erstellt am:
23.08.2023

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